Vitamin D und Osteoporose

Autor:

Shaun Ward

Medizinischer Autor & Forscher

on:

June 19, 2024

Erfahren Sie mehr über den Zusammenhang zwischen Vitamin D und Osteoporose sowie die Rolle von Testosteron.
Das Wichtigste in Kürze
  • Osteoporose ist eine Erkrankung, bei der die Knochen schwächer werden, die Lebensqualität sinkt und das Risiko eines frühen Todes steigt.
  • Die Behandlung eines Vitamin-D-Mangels kann den Mineralgehalt der Knochen verbessern und das Risiko von Osteoporose und Stürzen verringern.
  • Ein normaler Testosteronspiegel kann die Wirksamkeit von Vitamin-D-Präparaten verbessern, allerdings sind in diesem Bereich noch weitere Studien nötig.

Was ist Vitamin D und Osteoporose?

Vitamin D ist ein Hormon, das dazu beiträgt, die Kalzium- und Phosphatmenge im Blut zu regulieren. Im Gegensatz zu den meisten Nährstoffen wird Vitamin D hauptsächlich in den Hautzellen synthetisiert, wenn diese der UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt sind. Auch Lebensmittel sind eine Vitamin-D-Quelle, allerdings keine besonders gute – wer sich ausschließlich auf die Aufnahme durch die Nahrung verlässt, riskiert einen Vitamin-D-Mangel.

Vitamin D spielt eine wichtige Rolle für das Immunsystem und Sie haben vielleicht gehört, dass Vitamin D zum „Erhalt gesunder Knochen“ beiträgt. Das stimmt: Um Kalzium aus der Nahrung im Dünndarm aufzunehmen und in die Knochen einzubauen, wird die aktive Form von Vitamin D benötigt. Deshalb ist Vitamin D wichtig bei der Prophylaxe und Therapie von Osteoporose. Osteoporose ist eine weitverbreitete Erkrankung, bei der die Mineraldichte und -masse der Knochen vermindert ist, wodurch es schon bei geringer Belastung zu Knochenbrüchen kommen kann.  

Was ist ein normaler Vitamin-D-Spiegel?

Es ist umstritten, was ein normaler Vitamin-D-Spiegel ist. Laut einer aktuellen Stellungnahme des Journal of Bone Metabolism1 und klinischen Übersichtsarbeiten des National Institute for Health and Care Excellence2 liegt eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung vor, wenn der 25-Hydroxyvitamin-D-Wert (eine Form von Vitamin D im Blut, kurz 25(OH)D) mindestens 20 ng/ml (50 nmol/L) beträgt. Von Vitamin-D-Insuffizienz oder -Mangel spricht man, wenn 25(OH)D unter 20 ng/ml (50 nmol/L) liegt.

Kann man Osteoporose mit Vitamin D vorbeugen oder heilen?

Die Forschungsergebnisse zu Vitamin D und Osteoporose (oder Markern für die Knochengesundheit) sind uneinheitlich. Da die meisten Menschen keinen Vitamin-D-Mangel haben, ist es unwahrscheinlich, dass eine gesunde Person von einer weiteren Erhöhung ihres Vitamin-D-Spiegels profitiert. Eine umfangreiche Analyse von 81 qualitativ hochwertigen Studien zeigte, dass eine reine Vitamin-D-Supplementierung das Auftreten von Hüftfrakturen beispielsweise nicht verringert.3 In anderen Studien, in denen ältere Erwachsene über mehrere Jahre hinweg Vitamin D einnahmen, wurde ebenfalls festgestellt, dass trotz der Erhöhung der Vitamin-D-Menge im Blut keine eindeutige Verbesserung der Knochendichte nachweisbar war.4,5

Wie bei allen Nährstoffen gibt es auch bei Vitamin D einen gewissen Bereich für Normalwerte. Sowohl zu niedrige („Mangel“) als auch zu hohe („Intoxikation“) Werte haben in der Regel negative Auswirkungen auf die Gesundheit, während es dazwischen einen gesunden Bereich gibt, den jeder anstreben sollte. Wenn jemand bereits im „gesunden Bereich“ ist, hat eine Erhöhung oder Verminderung des Vitamin-D-Spiegels keinen Nutzen. Vitamin D hat nur für diejenigen einen potenziellen Nutzen, die von einem Mangel oder einer Intoxikation wieder in einen gesunden Bereich kommen.

Eine Vitamin-D-Supplementierung bei Patienten mit einem Mangel verbessert nicht zwangsläufig die Endpunkte von Osteoporose6, aber die meisten Studien deuten darauf hin. So wurde in Sekundäranalysen einiger Studien, in denen eine Vitamin-D-Supplementierung keinen Nutzen ergab, eine Verbesserung der Knochendichte bei Teilnehmern festgestellt, die zu Beginn der Studie einen Vitamin-D-Mangel (<30 ng/ml) aufwiesen und der durch die Einnahme von Vitamin D korrigiert wurde.7 In einer anderen umfangreichen Analyse qualitativ hochwertiger Studien wurde ebenfalls gezeigt, dass eine Vitamin-D-Supplementierung von 800 IE/Tag (20 μg/Tag) die Knochendichte bei älteren Erwachsenen mit einem Serum-25(OH)D-Spiegel von weniger als 20 ng/ml verbessert.8

Beeinflusst der Testosteronspiegel die Wirksamkeit von Vitamin D bei Patienten mit Osteoporose?

Forscher haben darauf hingewiesen, dass die Aufrechterhaltung eines normalen Testosteronspiegels für die Prophylaxe von Osteoporose und damit einhergehenden Komplikationen bei älteren Männern von entscheidender Bedeutung ist.9 Die Ergebnisse mehrerer Studien deuten darauf hin, dass eine Testosteronersatztherapie (TRT) die Mineraldichte der Knochen bei hypogonadalen Männern stabil halten oder verbessern könnte.10,11

Interessanterweise gibt es auch Hinweise darauf, dass eine Vitamin-D-Supplementierung eher Osteoporose-Patienten mit einem höheren Testosteronspiegel zugutekommt. Dies ist noch nicht abschließend geklärt, aber erscheint plausibel. Einige Wissenschaftler vermuten, dass Testosteron an der biologischen Reaktion auf Vitamin D in den relevanten Organen12 wie Darm und Knochen beteiligt ist. Dies könnte auch die Entstehung von Osteoporose bei hypogonadalen Männern wenigstens teilweise erklären.13

In einer Studie mit 199 älteren Männern und 246 Frauen (65 Jahre und älter) wurde das Sturzrisiko der Teilnehmer für drei Jahre nach Messung der Hormonspiegel untersucht.14 Die Ergebnisse zeigten, dass höhere Testosteronwerte bei beiden Geschlechtern ein um mehr als 60 % geringeres Sturzrisiko voraussagten. Bei den Personen mit den höchsten Testosteronwerten, die zusätzlich Vitamin D und Kalzium einnahmen, wurde die Sturzgefahr um weitere 6–19 % reduziert. Und im Vergleich zu den Teilnehmern mit den niedrigsten Testosteronwerten hatten Probanden mit den höchsten Testosteronwerten, die zusätzlich Vitamin D und Kalzium einnahmen, etwa 85 % weniger Stürze.

Ob der Zusammenhang zwischen Vitamin D und Osteoporose durch den Testosteronspiegel bestimmt wird, muss noch genauer untersucht werden. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, würde dies die Empfehlung untermauern, dass alle Patienten mit Osteoporose (oder mit Osteoporoserisiko) bei einem Mangel von Vitamin D oder Testosteron behandelt werden sollten.

Quellen

  1. Han A et al. J Bone Metab. 2022;29(4): 205–215.
  1. https://cks.nice.org.uk/topics/vitamin-d-deficiency-in-adults/
  1. Bolland MJ et al. Lancet Diabetes Endocrinol. 2018;6(11):847-858.
  1. Burt LA et al. JAMA. 2019; 322(8): 736–745.
  1. Leboff MF. J Bone Miner Res. 2020; 35(5): 883–893.
  1. Isaks GJ. BMC Musculoskelet Disord; 2007; 8: 26.
  1. Macdonald HM et al. J Bone Miner Res. 2018;33(8):1464-1469.
  1. Reid IR et al. Lancet. 2014; 11;383(9912):146-55.
  1. Mohamad N et al. Clin Interv Aging. 2016;22;11:1317-1324.
  1. Shigehara K et al. Aging Male. 2017;20(3):139-145.
  1. Colleluori G et al. J Clin Endocrinol Metab. 2021;106(8):e3058-e3068.
  1. Otremski I et al. Calcif Tissue Int. 1997;60(5):485-7.
  1. Golds G et al. Int J Endocrinol; 2017;2017:4602129.
  1. Bischoff-Ferrari HA et al. Osteoporos Int. 2008;19(9):1307-14.

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